Prof. Dr. Heinz Hahn, Direktor 1979-1987

(Rede zur Verabschiedung, von Inge Eva Klostermann)

Lieber Herr Dr. Hahn!

Bei Goethe, dem von Ihnen so hochgeschätzten Dichterfürsten, habe ich die folgenden Verse gefunden:
Worte sind der Seele Bild –
Nicht ein Bild! Sie sind ein Schatten!
Sagen herbe, deuten mild,
Was wir haben, was wir hatten. –
Was wir hatten, wo ist’s hin?
Und was ist’s denn, was wir haben? –
Nun, wir sprechen! Rasch im Fliehn
Haschen wir des Lebens Gaben.

Hier scheinen mir Gedanke und Stimmung ausgedrückt zu sein, mit denen Sie auf diesen Tag Ihrer Verabschiedung aus dem Schuldienst zugegangen sind, nämlich mit beträchtlicher Skepsis gegenüber wohlgemeinten Würdigungen und Abschiedsworten, die, wie der Dichter sagt, doch nur Schatten der vergangenen Wirklichkeit sein können.

Daher haben Sie sich ausgebeten, diese Abschiedsfeier nicht zum Mittelpunkt des Tages zu machen, sondern sie einzuordnen in eine Momentaufnahme der TSS in ihrer Gesamtheit, die eher das Beständige im Wandel, die Kontinuität des Schullebens, und nicht so sehr den Einschnitt sichtbar machen soll. Richtfest des Anbaus, Darbietungen aus der laufenden Arbeit sollen neben oder sogar vor Ihrer Verabschiedung die wesentlichen Themen dieses Tages sein.

Sicherlich ist das eine unanfechtbare Perspektive; aber ich meine, eine andere hat gleiche Berechtigung, und diese möchte ich als Sprecherin der Schule jetzt doch in den Vordergrund stellen dürfen. Das Wirken eines Schulleiters fügt sich wohl in das Kontinuum Schule ein, findet aber doch einen bestimmenden Niederschlag in dem Gesamtmuster, das während seiner Amtsführung entsteht; und so kann es nicht anders sein, als daß diese Wirkung auch im Bild des Kontinuums besonders beachtet wird.

Ich möchte für diese Perspektive einen Gewährsmann heranziehen, der Goethe gewiß nicht an gedanklicher Tiefe, wohl aber mit der schon über l 1/2 Jahrtausende dauernden Wirkungsgeschichte seiner geistigen Autorität übertrifft, und der uns hier das Problem einer persönlichen Würdigung unkomplizierter machen kann, den altrömischen Politiker und Philosophen Cicero. Er sagt im 3. Kapitel des 3. Buches seiner „Gespräche in Tusculum“:
„Est enim gloria solida quaedam res et ex-pressa, non adumbrata; ea est consentiens laus bonorum, incorrupta vox bene iudicantium de ex-cellenti virtute; ea virtuti resonat tamquam imago. quae quia recte factorum plerumque comes est, non est bonis viris repudianda.“
(Denn der Ruhm ist eine gediegene und scharf umrissene Sache, kein bloßes Schattenbild. Er ist das übereinstimmende Lob der Tüchtigen, die unverfälschte Stimme jener, die über hervorragende Tugend richtig urteilen können, und so ist er gleichsam Abbild und Echo der Tugend. Und da er zumeist der Begleiter rechten Handelns ist, so werden tüchtige Männer ihn nicht abweisen.)

Die Besonderheit Ihrer Amtszeit in der Kontinuität dieser Schule soll also das Thema dieser Abschiedsworte sein.
Sie sind der 15. Schulleiter in der hundertzwanzigjährigen Geschichte der TSS. Einige Ihrer Vorgänger haben nur wenige Jahre amtiert, diese Schule war eine Station ihrer beruflichen Weges unter anderen. Drei gab es unter ihnen, für die das Wirken an der Schule gleichsam Ziel und Zentrum ihrer pädagogischen Laufbahn war, ablesbar an der Länge ihrer Amtszeit und der deutlichen Prägung, die die Schule durch sie erfahren hat.

Das gilt besonders für die Gründerin und erste Schulvorsteherin der „Urzelle“ der TSS, Sophie Jacobsen. Sie war 37 Jahre alt, als sie ihre „Private Töchterschule“ gründete, und hat sie fast 28 Jahre lang geleitet. Ihre Lebensleistung, das mutige Eintreten für die Mädchenbildung in einer Zeit, die dafür noch kaum Verständnis hatte, haben Sie, Herr Dr. Hahn, kürzlich in einem Zeitungsartikel gewürdigt.

Die zweite dieser prägenden Gestalten in der Schulgeschichte war die Schulvorsteherin Hedwig Pfeifer. In 18jähriger Amtszeit von 1913 – 1931 hat sie den Aufstieg der Privatschule zum Städtischen Lyzeum (1914) und zum Oberlyzeum (1929) durchgesetzt, sowie mit der Angliederung eines koedukativen Aufbauzuges Weichen für weitere Entfaltungsrichtungen der Schule gestellt.

Schließlich gehört Ihr unmittelbarer Vorgänger Vorgänger, Herr Dr. Reinhardt, zu dieser Gruppe der langjährig prägenden Schulleiter. Er stellte in 19 Amtsjahren mit der Durchsetzung des Schulneubaus Voraussetzungen für die Weiterentwicklung zum modernen Gymnasium sicher; mit dem Aufbauzug von 1966 bis zur neuen Oberstufe deckte er besondere bildungspolitische Bedürfnisse dieser Landschaft ab; er bewältigte den Einstieg in die neue Oberstufenform unter den schwierigen Bedingungen der explodierenden Schülerzahlen und behauptete in schulpolitisch aufgeregten Zeiten den Schulfrieden.

Bei Ihnen, Herr Dr. Hahn, ist der Lebensplan anders strukturiert; die 8 Jahre Ihres Direktorates an der TSS haben für Sie selbst, aber auch für die Schule einen besonderen Charakter. Als Sie zu uns kamen, hatten Sie das weitläufige Feld der Pädagogik in ungewöhnlichem Umfang ausgeschritten, mit vielfältigen Schwerpunkten in ihm gearbeitet: Praktische Lehrertätigkeit an unterschiedlichen Schulformen mit unterrichtlichen und organisatorischen Aufgaben, Lehrerausbildung in Theorie und Praxis, Lehrplanarbeit, Schulbucharbeit, Mitsprache in Bildungsdiskussion und -politik, nicht zuletzt die Erfahrung der deutschen Teilung als Determinate ihrer beruflichen Laufbahn, – so weit gespannt war die Erfahrungsbasis, als Sie mit 54 Jahren unser Direktor wurden, gewissermaßen aus „Stabsfunktionen“ wieder überwechselten in das eigentliche Aktions- und Bewährungszentrum aller Pädagogik. Für Kollegium, Eltern- und Schülerschaft der TSS war klar, daß dieses Direktorat, von einer so weitgehend geprägten Persönlichkeit gestaltet, auch besondere Akzente setzen würde.

Ein bißchen Besorgnis, das will ich gestehen, gab es damals allerdings auch: würde die TSS Experimentierfeld für die Umsetzung aller möglichen Theorien in die Praxis werden, Medium der Selbstbestätigung eines eingefleischten Didaktikers, Objekt der Nivellierung landschaftlich begründeter Eigenart auf eine pädagogische Stromlinienform hin, die sich „gymnasialer Bildungsauftrag“ nennt? Sie waren auf solche Fragen gefaßt und versuchten, sie schon bei Ihrer Einführung zu beantworten. Sie nannten „Transparenz des Leistungsanspruchs“, ein „Klima entspannten Lernens“, eine demokratische Leistungsschule … ohne unnötiges Angstpotential.“ Das klang uns verständnisvoll und vernünftig; wie ja jeder, der Sie schon vorher bei Tagungsvorträgen gehört hatte, Ihnen immer hatte zustimmen können. Aber, so fragte man sich, war das nicht doch jene besagte pädagogische Stromlinienkompetenz? – Sehr schnell wurden uns dann Dimensionen Ihres Wesens sichtbar, die nicht in dieses Schema passen. Da ist die besondere Zuneigung zu unserem Namenspatron Theodor Storm, der ja nun keineswegs ein angepaßter griffiger Geist ist. (Mit unendlicher Beharrlichkeit haben Sie sogar erreicht, daß sein Name deutlich sichtbar am Schulgebäude angebracht wurde.) Da ist vor allem die Liebe zu einem alten Strohdachhaus oben in der Wiedingharde mit dem Nis Puck im Gebälk, von dem sich bei stürmischen Wetter und Punsch so phantasievoll fabulieren läßt. Hier erwuchsen Elemente unausgesprochenen Einverständnisses und individueller Wertschätzung, die die tägliche Arbeit in der Schule auf unnennbare Weise gefördert haben.

Im großen und ganzen günstig für den Beginn Ihres Direktorates war die aktuelle Situation, die Sie an der Schule vorfanden. Die Krawallphase des bildungspolitischen Aufbruchs um 1970 war vorüber. Die Tendenz zur unversöhnlichen Konfrontation der Standpunkte – hier gegen autoritäre „bürgerliche“ Erziehungsdiktatur mit Stoffülle, Leistungsdruck, Prüfungsangst, unmenschlichem Konkurrenzprinzip – dort gegen progressistisches Chaos durch Konfliktbesessenheit, Politisierung, Ideologisierung, Schriftfeindlichkeit – diese Aufgeregtheit der diffamierenden Parolen war damals besonnener Auseinandersetzung gewichen. Man fragt jetzt wieder nach dem Machbaren, man fragt vor allem nach dem Bedürfnissen der Kinder, wie sie hier und jetzt leben. Die Linie, auf der man sich heute wieder trifft, zeichnete Hartmut von Hentig, ein leidenschaftlicher Vertreter progressiver Pädagogik, in einem Vertrag 1976 so:
„Die heutigen Kinder sind anders als andere vor ihnen. Die an unverarbeiteten Eindrücken reiche, an Halt, Begründung, verstandener und verantworteter Ordnung arme und vor allem unruhige, friedlose Welt hat ein Bedürfnis nach Verläßlichkeit in den Kindern aufkommen lassen, das alle anderen Bedürfnisse übertrifft.(…) Erwachsene, zumal Lehrer, müssen heute in erster Linie standhalten, sie müssen den Charakter einer Wand haben (…) etwas, das schützt, das immer da ist, an das man sich anlehnen kann. Wir haben – nicht aus lauter Fortschrittsduselei, sondern meist aus Ehrlichkeit – den Kindern eine zu offene Welt zugemutet.“

Die rechte Balance zwischen Führen und Gewährenlassen gilt also wieder als die zentrale Aufgabe der Pädagogik, und hier möchte ich mir eine kleine Abschweifung erlauben. Ist das eigentlich eine neue Erkenntnis? Setzt sich nicht schon Theodor Storm in seinen „Zur Erziehung“ betitelten Distichen damit auseinander, wenn er die Rolle des Erwachsenen mit leichter Ironie so charakterisiert:

1) Nimm nun, Pflaum‘ oder Pfirsich! Ich gebe dir gänzlich die Wahl, doch
Nimmst du den Pfirsich, paß auf, was dir zu Mittag geschieht!
2) Freilich, nur nach Gewissen und gänzlich nach Überzeugung!
Riet‘ ich ein anderes dir, gut nicht war’es fürwahr.
Aber bedenk’s ich, ich bin hier sehr – sehr anderer Meinung;
Und – daß du meiner bedarfst, hoffentlich weißt du es doch!

Die Elternschaft kam Ihnen mit großem Vertrauen entgegen, es entwickelte sich eine Zusammenarbeit ohne wesentliche Probleme. Die Schüler in dieser Landschaft unterscheiden sich nach Mentalität und Arbeitsweise von den Ihnen bis dahin bekannten Großstadtschülern, aber durchaus nicht negativ, wie Sie immer wieder feststellten.

Die SV war grundsätzlich kooperativ, wie die ositionsbeschreibung des damaligen Schulsprechers im ersten Heft der „Berichte“ zeigte: „Die SV arbeitet mit der Schulleitung im Interesse der Schüler zusammen. Die SV als permanente Opposition zur Schulleitung wäre kräftezehrend und sinnlos. Aber ich bilde mir nicht ein, daß es möglich ist, eine Harmonie zwischen SV und Schulleitung herzustellen (…) Sicherlich spielt hier das „jugendliche Mißtrauen“ gegenüber jeglichem Establishment eine Rolle. Ich halte eine Zusammenarbeit mit der Schulleitung prinzipiell für sinnvoll, wenn es darum geht, Interessen der Schüler zu vertreten. Aber die SV sollte so handeln, daß sie die Maxime ihrer Handlungsweise jederzeit vor der Schülerschaft vertreten kann, d.h. daß sie Schwierigkeiten nicht aus dem Weg gehen darf, das heißt weiter, daß sie die Kraft zur Opposition haben muß.“

Im Vokabular findet sich vielleicht noch ein schwacher Nachhall der vergangenen Totalverweigerung, in der Sache aber war dies eine klare Basis für Verständigung, die dann auch in besonnener Diskussion eigentlich immer gefunden wurde.

Sicherlich fanden Sie auch massive Probleme vor bei Ihrem Amtsantritt: noch immer hohe Fehlstundenzahlen und vor allem die Dependance in Osterhusum mit allen Belastungen, Notlösungen und Unzulänglichkeiten, die sich daraus für das Kollegium, den Stundenplan, die tägliche Organisation ergaben; schließlich einen Schulträger, dessen Mittel bei allem guten Willen von Jahr zu Jahr beschränkter wurden, was sich auf Ausstattung und Zustand der Schulanlagen wenig förderlich auswirkte. Aber, ich meine, alles in allem hatten wir mit Ihnen 1979 einen guten Start.

Als allgemeine Orientierungslinien für unsere Arbeit stellten Sie heraus: das Anregen und Fordern von Leistung ohne Druck und Krampf, die ständige Reflexion über unseren pädagogischen Auftrag und die Möglichkeiten seiner Konkretisierung, die Profilierung der Schule in ihrem Selbstverständnis und gegenüber der Öffentlichkeit.

Als förderlich für diese Ziele betonten Sie: die Transparenz von Forderung und Bewertung, die Sicherung eines Ordnungsniveaus bei Flexibilität in zweitrangigen Fragen, die fächerübergreifende Zusammenarbeit im Kollegium, die intensive Kommunikation mit der Elternschaft, das Ernstnehmen der Schüler und die offene Zusammenarbeit mit der SV, die Kooperation mit der HTS und nicht zuletzt ein verstärktes Engagement in der Referendarausbildung.

Kann man das Ergebnis dieser 8 Jahre in Worte fassen? Das meiste steckt im den Kontinuum Theodor-Storm-Schule und drückt sich in dessen Gesamtqualität aus. Auch nur die Weiterentwicklungen, Veränderungen, Neuansätze genauer zu beschreiben, würde den zeitlichen und thematischen Rahmen dieser Abschiedsworte überschreiten. Ich kann allenfalls einiges wenige davon in einer bunten Reihe von Stichworten andeuten: die baulichen Erweiterungen im Verwaltungstrakt und den heute gerichteten Anbau von Klassen -und Bibliotheksräumen, die Veröffentlichung der „Berichte aus dem Schulalltag“, die Projektwochen, die Studienfahrten des 13. Jahrgangs, die Jahrgangsveranstaltungen auf der Oberstufe, die Würdigung herausragender Schülerleistungen in unterschiedlichen Bereichen mit Buchprämien, den Ausbau von Berufsberatung und Betriebserkundungen, die Neugestaltung der Abiturfeier und des Adventbasars, die Vermehrung von Schulpartnerschaften und Lehrerkontakten über die Landesgrenzen hinaus, die Einführung des Dänischunterrichts auf der Mittel- und Oberstufe, die Einrichtung von Informatik- und Ökologiezentren und die Entwicklung didaktischer Modelle in diesen Bereichen.

Ihr liebstes Kind ist aber ohne Frage der Ausbau des ästhetischen Fachbereichs zu einem Profilschwerpunkt der TSS mit der Weiterentwicklung des Schultheaters im Fach Literatur kreativ, mit der Einrichtung des Musikzweiges, mit vielfältigen Konzerten, mit regelmäßigen Veranstaltungsreihen wie den Theatertagen und den fächerübergreifenden Epochendarstellungen, mit bedeutenden Gemeinschaftsleistungen – ich nenne das Musical „Fiesta“ und den „Jasager“. Natürlich hätten Sie manches andere auch gern noch weitergebracht: den Sporthallenbau, Verkehrsprobleme, Fragen der Lernmittelfreiheit, Behebung der Gebäudeschäden, auch die Intensität der pädagogischen Reflexion im Kollegium, die Motivationsprobleme bei Schülern angesichts fehlender Zukunftsperspektiven. Aber auch hier haben Sie doch zumindest einige Weichen für zukünftige Besserungen und Lösungen gestellt. Insgesamt hat sich die TSS unter Ihrem Direktorat bedeutend entwickelt; viele neue Farben und Formen haben Sie in vergleichsweise kurzer Amtszeit in Ihr Grundmuster eingebracht.

Und wie werden wir Sie als Direktor in Erinnerung behalten? Auch hier wird mein Bild nur umrißhaft sein können in der Beschreibung dessen, was wir an Ihnen besonders geschätzt haben: Ihre ständige Präsenz, Umsicht, Fürsorge; Ihre Entscheidungssicherheit auf Grund von Urteilskraft und Einführungsvermögen, Ihre Fähigkeit zum Zuhören, Ausgleichen und Entschärfen, aber auch Ihre Qualitätsmaßstäbe und Ihre „wohlwollende Unnachgiebigkeit“, um eine Formulierung Ernst Heimerans zu gebrauchen. Beeindruckt haben uns Ihr Wissensfundus, Ihre Erfahrung in vielfältigen Bereichen, Ihre Beredsamkeit, Ihre Fähigkeit, Anregungen zu geben, auf Anregungen und Ideen einzugehen, komplexe Probleme auf den Punkt zu bringen. Unsere Sympathie hatten Sie in Ihrem Humor, Ihrer Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstironie, und dankbar sind wir Ihnen für viel Geduld, Nachsicht und bewundernswerte Selbstbeherrschung gegenüber Unzulänglichkeiten, Fehlern, auch „Provinzialität!“

Ein großer deutscher Politiker hat in den sechziger Jahren eine bittere Enttäuschung erlebt, als er seine Macht abgeben, ein ruhigeres Amt antreten wollte, diesen Entschluß aus bestimmten Gründen dann aber doch revidierte. Seine alten Parteigänger akzeptierten ihn nicht mehr. Sie, Herr Dr. Hahn, hätten Ihren Entschluß, das Direktorat niederzulegen, ohne jede Besorgnis revidieren können!!

Leider haben Sie das nicht getan, und uns bleibt heute nur noch, Ihnen für die 8 Jahre guter Zusammenarbeit herzlich zu danken und Ihnen, Ihrer Gattin und Ihrer Familie für den sicherlich sehr aktiven Ruhestand alles, alles Gute zu wünschen. Sie haben gesagt, Sie seien neugierig auf die veränderten Horizonte des kommenden Lebensabschnitts – daher zum Geleit noch einmal Cicero und Goethe, diesmal aber in bemerkenswerter Übereinstimmung über die 1 1/2 Jahrtausende hinweg und gültig bis heute

Cicero, de officiis I,13
„in primisque hominis est propria veri in-quisitio atque investigatio; itaque cum sumus necessariis negotiis curisque vacui, turn avemus aliquid videre, audire, addiscere, cognition-emque rerum aut occultarum aut admirabilium ad beate vivendum necessariam ducimus.“
(Besonders ist dem Menschen eigen das Suchen und Forschen nach dem Wahren. Darum, wenn wir von unausweichlichen Verpflichtungen und Sorgen frei sind, dann verlangt uns, etwas zu sehen, zu hören, hinzuzulernen, und die Erkenntnis geheimer oder wunderbarer Dinge halten wir für einen notwendigen Teil eines glückhaften Lebens.)

Goethe: Parabase
Freudig war, vor vielen Jahren,
Eifrig so der Geist bestrebt,
Zu erforschen, zu erfahren,
Wie Natur im Schaffen lebt.
Und es ist das ewig Eine,
Das sich vielfach offenbart:
Klein das Große, groß das Kleine,
Alles nach der eignen Art;
Immer wechselnd, fest sich haltend,
Nah und fern und fern und nah,
So gestaltend, umgestaltend –
Zum Erstaunen bin ich da.

(aus „Aus dem Schulalltag“, Ausgabe 15, 1987)